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Archiv
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Komplexer Unterstützungsbedarf
Bd. 4 Nr. 1 (2022)Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf sind auf intensive und andauernde Unterstützung durch ihr Umfeld angewiesen, wobei Barrieren in der Kommunikation zur Komplexität beitragen können. Die für das soziale und professionelle Umfeld der betroffenen Personen bestehenden Herausforderungen übersteigen häufig deren Kapazitäten, wodurch Exklusionserfahrungen zumindest wahrscheinlich werden. Der Call for Papers für diese Ausgabe hat dazu aufgerufen, sich mit dem Thema der Inklusion von Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf und der notwendigen Qualifizierung für die Inklusion dieser Menschen auseinanderzusetzen.
Imke Niediek greift in ihrem Beitrag die Assistenzbedarfe von Menschen auf, die aufgrund einer Beeinträchtigung mit alternativen und ergänzenden Kommunikationshilfsmitteln kommunizieren. Sie verfolgt in dem Beitrag die zentrale These, dass es sich bei der notwendigen Koomunikationsassistenz um eine hoch komplexe Tätigkeit handelt, die ensprechend zu entwickelndes fachliches und methodisches Wissen erfordert. Dieser These wird systematisch nachgegangen und assistierende Gesprächsstrategien auch anhand von exemplarischen Beispielen vorgestellt.
Im zweiten Beitrag des Thementeils dieser Ausgabe beschäftigen sich Eileen Schwarzenberg und Susanne Mischo mit dem Distanzunterricht im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung der Schüler:innen mit Bedarf an Unterstützter Kommunikation. Im Beirag werden auf einer empirischen Studie basierende Barrieren und Gelingensfaktoren des Distanzunterrichts für diese Schüler:innengruppe herausgearbeitet und vor dem Hintergrund des Konstrukts der Partizipation diskutiert.
Im allgemeinen Teil der Ausgabe beschäftigen sich Frederik Bükers und Tim Heemsoth mit der Barrierefreiheit von Schulhöfen. Dabei stellen sie die Fähigkeit zur Identifikation potenzieller Barrieren als Komponente der professionellen Kompetenz von Lehrkräften dar, die anhand eines Vorgehens im Sinne des beispielbasierten Lernens entwickelt werden kann. Silvia Fränkel und Kolleg:innen stellen im zweiten allgemeinen Beitrag den Zertifikatskurs „Handlungswissen Inklusion“ zur Förderung der Reflexionskompetenz an der Universität zu Köln vor, bei dem es sich um ein interdisziplinäres Kooperationsprojekt unterschiedlicher Fakultäten und Arbeitsbereiche handelt.
Eine erkenntnisreiche Lektüre der spannenden Beiträge dieser Ausgabe wünscht im Namen der Redaktion
Felix Buchhaupt
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Diagnostik
Bd. 3 Nr. 2 (2021)Angestoßen durch die 2021 gestartete Förderung von Forschungsprojekten innerhalb der BMBF-Richtlinie „Förderbezogene Diagnostik in der inklusiven Bildung“ (vgl. BMBF 2019), bündelt diese Ausgabe in ihrem Thementeil Beiträge, welche sich implizit oder explizit mit Qualifizierungserfordernissen, -bedarfen, -konzepten und -maßnahmen im Rahmen einer inklusiven Diagnostik auseinandergesetzt haben. Die Beiträge setzen sich in je spezifischen Feldern (z.B. Übergang in sowie Grundschule oder Hochschule/Lehrkräftebildung) mit unterschiedlichen thematischen Foki (z.B. digital-inklusive Diagnostik oder Diagnostik im inklusiven MINT-Unterricht) mit diesen Qualifizierungsaspekten auseinander.
Sina Schürer und Katrin Lintorf nehmen schulinterne sowie -externe Kooperationsprozesse am Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule in den Blick. Die Autorinnen fassen Kooperation, dem Vier-Komponenten-Modell der Diagnosequalität nach van Ophuysen und Behrmann (2015) folgend, als ein Qualitätsmerkmal für diagnostische Prozesse auf, an deren Ende im Falle der im Kontext der hier angelegten Untersuchung eine Schulformempfehlung gegenüber Erziehungsberechtigten ausgesprochen wird. Auf schulinterner Ebene werden dabei bspw. Fragen zur Aufgabenteilung und Verantwortlichkeit für Diagnostik zwischen Sonderpädagog:innen und Regelschullehrkräften virulent. Aus den Ergebnissen der qualitativen Studie lässt sich ableiten, dass Kooperation nicht nur aber insbesondere am Übergang in weiterführende Schulen in der Qualifizierung der Fachkräfte als Thema an Bedeutung gewinnen sollte.
Diagnosegeleitete Förderung im inklusiven Mathematikunterricht der Grundschule als Thema in der ersten Phase der Lehrkräftebildung nehmen Kristina Hähn, Uta Häsel-Weide und Petra Scherer in ihrem Artikel in den Blick. Im Beitrag wird die qualitative und quantitative Begleitforschung zu Lehrveranstaltungen, welche eine reflexive Vermittlung von fach- und fachdidaktischem sowie pädagogischem Wissen und die Reflexion von Praxiserfahrungen zu Diagnostik und Förderung fokussieren, vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Studierenden durch die Lehrveranstaltungen ihre diagnostischen und förderbezogenen Kompetenzen sowohl mit Bezug auf ihre Wissensbestände, als auch ihrer Handlungspotenziale als verbessert einschätzen. Insbesondere, so betonen die Autorinnen, sollte die Verzahnung von Theorie und Praxis(erfahrungen) in Lehrveranstaltungen berücksichtigt werden, sodass bereits in der ersten Phase der Lehrkräftebildung Professionalisierungsprozesse im Bereich diagnosegeleiteter Förderung für die inklusive Bildung angelegt werden können.
Die Erhebung kindlicher Präkonzepte anhand von Konzeptdialogen zum Sachunterrichtsthema „Stabilität von Brücken“ bildet im Beitrag von Kathrin Hormann, Laisa M. Quittkat und Claudia Schomaker den Ausgangspunkt unterschiedliche Lernvoraussetzungen von Kindern zu diagnostizieren. Die Autorinnen fokussieren in ihrem Artikel einen diagnostischen Prozess im Sachunterricht und verstehen diesen explizit als inklusiv, da nicht allein der Lernoutput im Sinne kognitiver Kompetenzen als bedeutsam angesehen wird, sondern die Persönlichkeit der Schüler:innen sowie deren Lernentwicklung unter möglichst vielfältigen Gesichtspunkten mit berücksichtigt wird. Im Beitrag wird eine im Rahmen der KoAkiK-Projekte durchgeführte Interviewstudie mit Vorschulkindern vorgestellt. Inhalt und Ziel der Studie ist es, alltagintegrierte und lernunterstützende Interaktionen in Bezug auf naturwissenschaftlich-technische Phänomene anzuregen, um daraus die kindlichen Vorstellungen und Problemlösungsstrategien abzuleiten, welche schließlich Anknüpfungspunkte für das weitere pädagogische Handeln bilden. Die Potenziale des Einsatzes von Konzeptdialogen als inklusives diagnostisches Instrument sowie die Nutzung phänomenographischer Forschungsergebnisse in der Lehrkräftebildung werden abschließend diskutiert.
Mit dem Ziel durch den Design-Based-Research-Ansatz Videovignetten zu erstellen, zu evaluieren und diese für die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften (des Sachunterrichts) zu nutzen, startete das Projekt „Didaktisch-diagnostische Potenziale des inklusionsorientierten Sachunterrichts“ (DiPoSa) im Rahmen der oben genannten BMBF-Förderrichtlinie. In ihrem Beitrag erläutern René Schroeder, Eva Blumberg, Brigitte Kottmann, Susanne Miller und Anne Reh die dem Projekt zugrundliegenden theoretischen und empirischen Zugänge sowie dessen forschungsmethodische Umsetzung. Insbesondere die Auseinandersetzung der Autor:innen mit dem Einsatz von Videovignetten als realitätsnaher Zugang in der Theorie-Praxis-Verknüpfung liefert Impulse für die Qualifizierung von Lehrkräften und anderem pädagogischen Personal.
Henrike Kopmann stellt in ihrem Beitrag zunächst Konzepte und empirische Befunde zu Status- und Prozessdiganostik, diagnostische Kompetenzen von Lehrkräften und alternaitven Formen schulischer Leistungsdiagnostik in inklusiven Lernkontexten zusammen. Davon ausgehend stellt sie Ergebnisse einer empirischen Studie zur Lehrkraft-Perspektiven auf diagnostische Prozesse im inklusiven Unterricht dar, die anhand von Fallvignetten die Sichtweisen von Lehrkräften an ‚inklusiven‘ Grundschulen erhoben hat.
Im allgemeinen Teil dieser Ausgabe sind vier weitere Beiträge im Kontext der Qualfizierung für eine inklusive Bildung veröffentlicht. Ein inklusionsorientiertes Seminarangebot für angehende Sportlehrkräfte zur Gestaltung einer barrierefreien Sporthalle als inklusiver Lernort stellen Frederik Bükers, Jonas Wibowo und Marie-Luise Schütt in ihrem Beitrag vor. Eine empirische Studie zum Praxisnutzen des Didaktischen Modells für inklusives Lehren und Lernen (DiMiLL) bildet den Kontext des Beitrags von Lena Schmitz und Julia Frohn. Der Gebrauch von Kategorien in studentischen Äußerungen über Inklusion und damit der Diskurs um De-/Kategorisierung macht Marian Laubner zum Thema seines Aufsatzes. Und Roswitha Lebzelter befasst sich in ihrem Beitrag mit einem Lehrveranstaltungskonzept für angehende Lehrkräfte, in welchem diese Personen mit motorischen, motorisch-kognitiven und komplexen Beeinträchtigungen begegnen und über diesem Kontakt Kompetenzen aufbauen.
Viel Freude bei der Lektüre der vielfältigen Beiträge dieser Ausgabe wünscht im Namen der Redaktion
Alica Strecker
Literatur
BMBF. (2019). Richtlinie zur Förderung von Projekten zum Thema „Förderbezogene Diagnostik in der inklusiven Bildung“ (Bundesanzeiger AT 05.12.2019 B5). Verfügbar unter https://www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-2752.html
van Ophuysen, S. & Behrmann, L. (2015). Die Qualität pädagogischer Diagnostik im Lehrerberuf – Anmerkungen zum Themenheft „Diagnostische Kompetenzen von Lehrkräften und ihre Handlungsrelevanz“. Journal for Educational Research Online, 7(2), 82–98. doi: 10.25656/01:11491
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Schule
Bd. 3 Nr. 1 (2021)Die Beiträge der vorliegenden Ausgabe der QfI - Qualifizierung für Inklusion richten ihren Blick auf das Feld der Qualifizierung für Inklusion im System Schule. Ausgehend von den Expertisen zur professionellen Gestaltung inklusiver Bildung in schulischen Kontexten (Heinrich, Urban & Werning, 2013; Hillenbrand, Melzer & Hagen, 2013; Moser, 2013), lassen sich zahlreiche Forschungs- und Handlungsdesiderata in der Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte identifizieren. Mit dem Call for Papers für den Themenschwerpunkt Schule wurde diese Situationsbeschreibung aufgegriffen. Fragen nach der Aus-, Fort- und Weiterbildung für eine gelingende Kommunikation und Kooperation zwischen den am inklusiven Lernprozess Beteiligten wurden darin ebenso aufgegriffen wie Fragen nach methodischen, diagnostischen und didaktischen Verfahren.
Die in dieser Ausgabe versammelten Beiträge zeigen eine intensive Bearbeitung der bestehenden Forschungsdesiderata, ebenso wie ein Aufgreifen der zum Zeitpunkt der Beitragseinreichung noch stärker in den Schulbetrieb wirkenden Konsequenzen der Corona-Pandemie. Insbesondere die Frage der multiprofessionellen Kooperation wird dabei in verschiedenen Beiträgen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen aufgegriffen. Die Aushandlungsprozesse zur Zuständigkeit von allgemeinen und sonderpädagogischen Lehrkräften für unterrichtliche Aufgaben ist das Thema eines von Quante und Urbanek beschriebenen Fortbildungskonzepts, das ebenso wie die Analyse von Daten aus der Begleitforschung im ersten Beitrag vorgestellt wird. Auch der zweite Beitrag dieser Ausgabe greift das offensichtlich bedeutsame Thema der Kooperation im Kontext einer an Inklusion orientierten Schule auf. Dazu wird von Müller und Kuhl die Begleitung des Schulentwicklungsprogramms „Jede/r ist besonders“ vor- und Ergebnisse aus drei Teilstudien dargestellt. Auch der Beitrag von Schindler und Schindler lässt sich dem Feld der multiprofessionellen Kooperation in der Schule zuordnen, wobei die Interviewstudie insbesondere Schulassistent*innen in den Blick nimmt. Mit inhaltsanalytischen Methoden werden in diesem Teilprojekt einer größeren Studie Ressourcen und Belastungen im Arbeitsfeld Schulassistenz erarbeitet. Auch Langner und Milker nehmen in ihrem Beitrag die Kooperation in der Schule in den Blick, allerdings vor dem spezifischen Hintergrund der Corona-Pandemie. Mit explorativen Interviews nähern sie sich aus einer professionstheoretischen Perspektive den schulischen und individuellen Auswirkungen der Pandemie. Mit der Corona-Pandemie beschäftigt sich auch der Beitrag von Kowalski, allerdings mit einem Fokus auf der Wahrnehmung von Schulleitungen inklusiver Grundschulen. In der dokumentarischen Interpretation zweier Interviews werden die Erfahrungen und Orientierungsrahmen rekonstruiert und mit den Inklusions- und Exklusionsprozessen an Grundschulen in Beziehung gesetzt.
Der Beitrag von Reh, Kottmann und Miller nimmt mit dem Projekt „Schule für alle“ die Einzelfallarbeit im Rahmen der Lehramtsausbildung in den Blick. Dabei werden mit der dokumentarischen Methode reflexive Prozesse aus den Praxisberichten Studierender analysiert und damit inklusionsbezogen Professionalisierungs- und Reflexionsprozesse in Praxisphasen herausgearbeitet. Im Rahmen einer Interviewstudie mit Mathematiklehrer*innen der Sekundarstufe widmen sich Häsel-Weide, Seitz, Wallner, Wilke und Heckmann den Spannungsfeldern inklusionspädagogisch fachlichen Handelns unter den spezifischen Rahmenbedingungen der Sekundarstuf, um daraus Konsequenzen für die universitäre Ausbildung abzuleiten. Müller und Pfrang thematisieren in ihrem Beitrag aus einer praxeologisch-pädagogischen Betrachtungsweise die Ermöglichung einer Stärkung der Teilhabeorientierung in der Lehrkräftebildung durch die Stärkung der moralischen Kompetenzen. Als Beispiel dafür dient in diesem Beitrag die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion. In der Darstellung ihrer Untersuchung des Rollenverständnisses von Blinden- und Sehbehindertenpädagog*innen in inklusiven Settings arbeiten Gewinn, Miyauchi und Degenhardt mit Daten aus den USA, Japan und Deutschland Anforderungen für die Ausbildung für Unterstützungs- und Beratungstätigkeiten heraus.
Ausgehend von der Darstellung der erziehungswissenschaftlichen Inklusionsforschung, erweitert der Beitrag von Köpfer das Verständnis von Inklusion um die Dimensionen des Personen- und Strukturbezugs. Dabei arbeitet er die Notwendigkeit einer Methodologie heraus, die Prozesse der Inklusion und Exklusion in Praktiken, Strukturen und Kulturen sichtbar macht.
Für die Redaktion
Felix Buchhaupt
Literatur
Heinrich, M., Urban, M. & Werning, R. (2013). Grundlagen, Handlungsstrategien und Forschungsperspektiven für die Ausbildung und Professionalisierung von Fachkräften für inklusive Schulen. In H. Döbert & H. Weishaupt (Hrsg.), Inklusive Bildung professionell gestalten. Situationsanalyse und Handlungsempfehlungen (S. 69–133). Münster: Waxmann.
Hillenbrand, C., Melzer, C. & Hagen, T. (2013). Bildung schulischer Fachkräfte für inklusive Bildungssysteme. In H. Döbert & H. Weishaupt (Hrsg.), Inklusive Bildung professionell gestalten. Situationsanalyse und Handlungsempfehlungen (S. 33–68). Münster: Waxmann.
Moser, V. (2013). Professionalisierungsforschung als Unterrichtsforschung. In H. Döbert & H. Weishaupt (Hrsg.), Inklusive Bildung professionell gestalten. Situationsanalyse und Handlungsempfehlungen (S. 135–146). Münster: Waxmann.
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Inklusive Erwachsenenbildung
Bd. 2 Nr. 4 (2020)Die Erwachsenenbildung steht weit weniger im Blickfeld der Forschung zu Inklusion und zur Qualifizierung für Inklusion (Ackermann, 2017). Dabei schließt die UN-Behindertenrechtskonvention die Erwachsenenbildung ausdrücklich mit ein, wenn es darum geht, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um einen diskriminierungsfreien und gleichberechtigten Zugang zu Bildung zu ermöglichen (Art. 24 Abs. 5 BRK, Hirschberg & Lindmeier, 2013).
In dieser Ausgabe der QfI - Qualifizierung für Inklusion rücken Prof. Dr. Marianne Hirschberg (Universität Kassel), Dr. Sabine Lauber-Pohle und Dr. Ramona Kahl (Philipps-Universität Marburg) sowie Felix Buchhaupt (Universität Frankfurt) in Gastherausgebendenschaft daher die inklusive Erwachsenenbildung ins Zentrum der Betrachtung. Diese bewegt sich stetig im Schnittfeld verschiedener erziehungswissenschaftlicher Disziplinen wie der Sonderpädagogik und der Erwachsenenbildung.
Der Call for Papers dieses Sonderhefts hat deshalb angestrebt, die unterschiedlichen disziplinären Diskurse miteinander zu verschränken, behindertenpädagogische und erwachsenenbildnerische Perspektiven miteinander zu verbinden und so Grenzen sichtbar und durchdringbar zu machen. Wesentliche Aspekte sind hierbei aus unserer Perspektive:
- Professionelle Handlungsstrategien in der Erwachsenenbildung und deren wissenschaftliche Untersuchung
- Professionalisierung im Kontext pädagogischer Organisationen und/oder Professionen, insbesondere auch der Frage organisationsgebundener Professionsentwicklung und professionsgebundener Organisationsentwicklung
- Fragen der inklusions- und behindertenpädagogischen Fachlichkeit in der allgemeinen Erwachsenenbildung, der arbeits- und betrieblichen Weiterbildung sowie der beruflichen Weiterbildung
- Perspektive der Adressat*innen von Erwachsenenbildungsangeboten auf die Qualifikationsbedarfe von Mitarbeitenden
Die eingereichten Beiträge beziehen sich vor allem auf zwei der genannten Segmente der Erwachsenenbildung – die allgemeine Erwachsenenbildung unter Einbeziehung des zweiten Bildungsweges und die inklusive Gestaltung hochschulischen Lernens sowohl in der wissenschaftlichen Weiterbildung als auch in der grundständigen, inklusiven Hochschullehre. Ihnen gemeinsam ist, dass sie sich mit der Professionalisierung im Kontext von pädagogischen Organisationen und/oder Professionen, insbesondere auch der Frage organisationsgebundener Professionsentwicklung und professionsgebundener Organisationsentwicklung befassen.
Wir danken den Autorinnen und Autoren für die vielfältigen Einblicke in die Qualifizierung für eine inklusive Erwachsenenbildung.
Für die Herausgebenden
Marianne Hirschberg, Sabine Lauber-Pohle und Ramona Kahl
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Elementarpädagogik
Bd. 2 Nr. 3 (2020)Die aktuelle Ausgabe der QfI - Qualifizierung für Inklusion widmet sich schwerpunktmäßig der Frühpädagogik. Dieses Feld pädagogischer Praxis zeichnet sich durch ein besonders hohes Maß an Heterogenität und Diversität aus, sodass Fragen einer inklusionsbezogenen Qualifizierung von Fachkräften eine große Bedeutung zukommt. Dabei spricht einiges für die Annahme, dass sich ein adäquates, systematischen Bildungsbenachteiligungen entgegenwirkendes, inklusives professionelles Handeln nur auf der Basis intersektionaler Zugänge entwickeln lassen wird, die der Verschränkung differenter Dimensionen sozialer Ungleichheit Rechnung tragen. Dabei ist es vermutlich nicht entscheidend, ob diese Konzeptionen bei Fragen der sozio-ökonomischen Marginalisierung, des Geschlechts, der Behinderung, der Auswirkungen familiärer Migrationserfahrungen oder den Effekten einer anderen Differenzkategorie ansetzen. Entscheidend für die innovative Qualität von Ansätzen einer inklusionsbezogenen Professionalisierung in der Frühpädagogik dürfte die Frage sein, ob die Qualifizierungsangebote eine Erweiterung von Handlungsoptionen aus einer Berücksichtigung der Relation und Interdependenz der verschiedenen Bildungsteilhabe potenziell restringierenden Dimensionen der Benachteiligung entwickeln.
Diese Zielsetzung erweist sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines generell noch immer wenig fortgeschrittenen Professionalisierungsniveaus in der Elementarpädagogik als sehr anspruchsvoll. Die Aufsätze in diesem Heft liefern hier wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung des Feldes – beispielsweise, in dem sie vor dem Hintergrund eines erweiterten kompentenz- und strukturtheoretischen Professionalisierungsverständnisses empirisch rekonstruieren, welche differenten professionellen und organisationalen Logiken in Kitas und in der Frühförderung wirken und welche Qualifizierungserfordernisse sich hieraus für eine professionelle Kooperation ergeben (Hamacher / Seitz). Andere Beiträge fokussieren entweder spezifische Felder, wie das der Medienbildung in der Frühpädagogik (Güneşli), aus einer intersektionalen Perspektive, um spezifische professionelle Kompetenzen zu beschreiben, oder präsentieren ein bereits evaluiertes, umfassendes Weiterbildungscurriculum, das insbesondere für inklusionsbezogene Teamfortbildungen genutzt werden kann (Albers et al.). Sehr interessante Impulse kann auch der Beitrag von Hormann und Disep geben, der seine am Beispiel der Gestaltung inklusiver Spiel- und Lernsituationen gewonnenen Ergebnisse zu Prozessen einer professionellen Selbst- und Praxisreflexion auch unter einer methodologischen Perspektive im Hinblick auf die empirische Produktivität des Ansatzes des Stimulated Recalls für die Professionalisierungsforschung reflektiert.
Abgerundet wird das Heft durch zwei Beiträge, die inklusionsbezogene Professionalisierungsfragen in einem anderen Feld – dem der universitären Lehrerbildung – untersuchen. Leonhardt vergleicht die Herausforderung, im steigenden Maße Quereinsteiger in das Lehramtsstudium auch für die Erfordernisse inklusiven Unterrichts vorbereiten zu müssen, mit den Erfahrungen mit grundständig Studierenden und Goldfriedrich et al. untersuchen die Modulhandbücher von inklusionspädagogischen Studiengängen an vier Standorten, die in der universitären Lehrkräftebildung auf eine Integration oder Verschränkung von Förder- und Grundschulstudiengängen setzen. Der Vergleich mit dem durch die European Agency for Development in Special Needs Education vorgeschlagenen Kompetenzprofil für inklusiv arbeitende Lehrkräfte – so viel sei hier vorweggenommen – zeigt, dass an allen untersuchten Standorten nur Ausschnitte dieses umfassend angelegten Modells realisiert werden.
Für die Herausgeber
Michael Urban
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Sonderheft: Wissenstransfer
Bd. 2 Nr. 2 (2020)Der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis ist ein bereits seit langem diskutiertes Problemfeld in der Erziehungswissenschaft. Dabei wird schon die Verwendung des Begriffs „Transfer“ zur Verhältnisbestimmung von wissenschaftlichem Wissen und professionellem Handlungswissen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Befunde der Wissensverwendungsforschung aus den 1980er Jahren, aus guten Gründen problematisiert. Die Vorstellung eines einfachen Transfers wissenschaftlichen Wissens in die (pädagogische) Praxis ignoriere die unterschiedlichen Eigenlogiken des Wissenschafts- und des Praxissystems und stelle mithin eine unzulässige Komplexitätsreduktion dar. Sinnvoller sei es, von Transformation oder Relationierung zu sprechen, wenn wissenschaftliches Wissen im Praxissystem überhaupt handlungsrelevant wird.
Gleichwohl bleibt der Begriff des Transfers im Diskurs dominant. Aktuell fordert das Bundesministerium für Bildung und Forschung im 2017 aufgelegten zweiten Rahmenprogramm zur empirischen Bildungsforschung in diesem Zusammenhang, dass Fragen, „die sich mit dem Transfer und der Implementation wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse befassen“ stärker in geförderten Projekten berücksichtigt werden sollen. Entsprechende Fragen stellen sich auch im Kontext von Inklusion und damit auch im Rahmen der in der Förderrichtlinie „Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte für inklusive Bildung“ geförderten Projekte.
Bei einem von den Herausgebern dieser Zeitschrift organisierten Symposium an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main im Herbst 2019 wurde das Thema aufgegriffen und mit den beteiligten Projekten der genannten Förderrichtlinie intensiv diskutiert. Eingeladen waren dazu Referent*innen unterschiedlicher fachlicher Schwerpunkte, die sich aber alle durch eine intensive Beschäftigung mit Fragen der Verhältnisbestimmung von wissenschaftlichem und professionellem Wissen auszeichnen.
Wir sind sehr froh darüber, vier Referent*innen dafür gewonnen zu haben, ihre Vorträge für eine Veröffentlichung im Rahmen dieser Ausgabe auszuarbeiten. Die Beiträge von Herbert Altrichter, von Simone Breit und von Anke König bearbeiten die Thematik aus der Perspektive der Wissenschaft. Mit dem Beitrag von Helle Becker werden die Fragen des Wissenstransfers aus einer Perspektive einer intermediären Institution zwischen Forschung und Praxis dargestellt.
Für die Herausgeber
Felix Buchhaupt & Dieter Katzenbach -
Pädagogische Fachlichkeit
Bd. 2 Nr. 1 (2020)Es scheint unstrittig, dass die Einführung inklusiver Bildung mit veränderten Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte einhergeht. Egal in welchem Bildungsbereich sie inklusive Bildung realisieren sollen, stehen die Fachkräfte dabei vordergründig vor der Herausforderung eines produktiven Umgangs mit Heterogenität. In enger Verbindung damit eröffnen sich dann Themenfelder wie z.B. Interdisziplinarität und Kooperation, die Gestaltung des Ein- und Ausschlusses in pädagogischen Institutionen und auch die Entwicklung von inklusionsspezifischen didaktischen Modellen.
In unserem Call for Papers für den Themenschwerpunkt „Pädagogische Fachlichkeit“ haben wir dazu aufgefordert, sich an der theoretischen und empirischen Klärung des Verständnisses von „pädagogischer Fachlichkeit“ zu beteiligen und dabei auch an vorliegende Ansätze wie die zum professionellen (Experten-)Wissen (Bromme 1992), zur pädagogischen Professionalität (Helsper & Combe 1996) oder zur professionellen Kompetenz (Baumert & Kunter 2006) anzuknüpfen und diese gegebenenfalls unter den Spezifika inklusionspädagogischer Anforderungen weiterzuentwickeln.
Diese Aufforderung hat eine erfreulich breite Resonanz gefunden, was als Hinweis auf die Aktualität dieser Fragestellung verweist. In insgesamt zehn Beiträgen werden aus unterschiedlicher disziplinärer Perspektive unter anderem die folgenden Fragen aufgegriffen und diskutiert:- Wie lässt sich pädagogische Fachlichkeit für inklusive Bildung theoretisch beschreiben?
- Welches Wissen, welche Kompetenzen, Fähigkeiten, welche Antinomien usw. werden mit den entsprechenden Konzeptualisierungen auf Seiten der professionell Tätigen verbunden?
- Welche methodologischen Rahmungen liegen Forschungsvorhaben zugrunde, mit denen pädagogischer Fachlichkeit empirisch nachgegangen wird?
- Wie schlagen sich theoretische Konzeptionalisierungen und empirische Forschungsergebnisse zu pädagogischer Fachlichkeit in der Gestaltung von Aus-, Fort- und Weiterbildungsangeboten nieder?
- Welche aktuellen, die Anforderungen inklusiver Settings berücksichtigende Forschungsergebnisse können zu einem differenzierteren Verständnis pädagogischer Fachlichkeit und zu den Erfordernissen einer Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte beitragen?
Für die Herausgeber
Dieter Katzenbach
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Qualifizierung für Inklusion
Bd. 1 Nr. 1 (2019)Die Gründung der Zeitschrift QfI - Qualifizierung für Inklusion reagiert als ein wissenschaftliches Publikationsorgan auf aktuelle Entwicklungen, die sich nicht nur in der erziehungswissenschaftlichen Forschung, sondern auch und insbesondere in außerwissenschaftlichen Feldern vollziehen. In einer sozialen Situation, in der sich pädagogische Institutionen und Handlungsfelder über lange Zeiträume entlang der Differenz von als normal und behindert unterschiedenen Adressat*innen ausdifferenzieren konnten, sind auf eine Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zielende politische und rechtliche Veränderungen wirksam geworden und Diskurse entstanden, die auf eine grundlegende Dekonstruktion der Differenzfigur dis/ability und der damit verbundenen sozialen Segregations- und Exklusionspraktiken zielen. Diese gesellschaftlichen Transformationen, die sich rechtlich beispielsweise in der UN-Behindertenrechtskonvention und in Zielen für nachhaltige Entwicklung der UN manifestieren, wirken auf die unterschiedlichen pädagogischen Handlungsfelder und Institutionen zurück. Die Abgrenzung und Ausdifferenzierung von Sonderinstitutionen für Menschen mit Behinderungen scheint mit grundlegenden menschenrechtlichen Anforderungen an die Gestaltung sozialer Institutionen nicht mehr vereinbar zu sein. Für das Feld des pädagogischen Handelns und die Welt pädagogischer Einrichtungen und Institutionen erzeugt dies drängende und komplexe Transformationsbedarfe. Im Zentrum dieser laufenden, ansetzenden oder auch nur als erforderlich beschreibbaren Veränderungen stehen Entwicklungsbedarfe, mit denen sich pädagogische Professionelle und die Organisationen, in denen sie arbeiten, konfrontiert sehen. Nach ihnen benennt sich unsere neue Zeitschrift: Qualifizierung für Inklusion.
Die Zeitschrift ist multidisziplinär und multiparadigmatisch konzipiert. Sie öffnet sich allen relevanten Bildungsbereichen. Publiziert werden theoretische und empirische Beiträge, die sich mit der Erforschung inklusionsbezogener Aus-, Fort- und Weiterbildungsprozesse pädagogischer Fachkräfte befassen. Die Beiträge können von didaktisch-methodischer, konzeptioneller, kompetenz- oder professionalisierungstheoretischer Relevanz sein oder ihren Schwerpunkt auf methodologische Problematiken legen.
Wir hoffen auf ein breites Spektrum innovativer wissenschaftlicher Arbeiten, das die Vielfalt an konzeptionellen Arbeiten zur Entwicklung und Implementierung empirie- und theoriebasierter Qualifizierungsmaßnahmen für inklusive Bildung sichtbar macht. Durch die Bereitstellung einer review-basierten open-access-Publikationsmöglichkeit möchten wir zur Weiterentwicklung des Forschungsfelds der Professionalisierung pädagogischer Fachkräfte beitragen.
Die Herausgeber
Dieter Katzenbach und Michael Urban