Bd. 2 Nr. 2 (2020): Sonderheft: Wissenstransfer

Der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis ist ein bereits seit langem diskutiertes Problemfeld in der Erziehungswissenschaft. Dabei wird schon die Verwendung des Begriffs „Transfer“ zur Verhältnisbestimmung von wissenschaftlichem Wissen und professionellem Handlungswissen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Befunde der Wissensverwendungsforschung aus den 1980er Jahren, aus guten Gründen problematisiert. Die Vorstellung eines einfachen Transfers wissenschaftlichen Wissens in die (pädagogische) Praxis ignoriere die unterschiedlichen Eigenlogiken des Wissenschafts- und des Praxissystems und stelle mithin eine unzulässige Komplexitätsreduktion dar. Sinnvoller sei es, von Transformation oder Relationierung zu sprechen, wenn wissenschaftliches Wissen im Praxissystem überhaupt handlungsrelevant wird.

Gleichwohl bleibt der Begriff des Transfers im Diskurs dominant. Aktuell fordert das Bundesministerium für Bildung und Forschung im 2017 aufgelegten zweiten Rahmenprogramm zur empirischen Bildungsforschung in diesem Zusammenhang, dass Fragen, „die sich mit dem Transfer und der Implementation wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse befassen“ stärker in geförderten Projekten berücksichtigt werden sollen. Entsprechende Fragen stellen sich auch im Kontext von Inklusion und damit auch im Rahmen der in der Förderrichtlinie „Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte für inklusive Bildung“ geförderten Projekte.

Bei einem von den Herausgebern dieser Zeitschrift organisierten Symposium an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main im Herbst 2019 wurde das Thema aufgegriffen und mit den beteiligten Projekten der genannten Förderrichtlinie intensiv diskutiert. Eingeladen waren dazu Referent*innen unterschiedlicher fachlicher Schwerpunkte, die sich aber alle durch eine intensive Beschäftigung mit Fragen der Verhältnisbestimmung von wissenschaftlichem und professionellem Wissen auszeichnen.

Wir sind sehr froh darüber, vier Referent*innen dafür gewonnen zu haben, ihre Vorträge für eine Veröffentlichung im Rahmen dieser Ausgabe auszuarbeiten. Die Beiträge von Herbert Altrichter, von Simone Breit und von Anke König bearbeiten die Thematik aus der Perspektive der Wissenschaft. Mit dem Beitrag von Helle Becker werden die Fragen des Wissenstransfers aus einer Perspektive einer intermediären Institution zwischen Forschung und Praxis dargestellt.

 

Für die Herausgeber
Felix Buchhaupt & Dieter Katzenbach

Veröffentlicht: 2020-09-30