Berufsspezifische Reflexionsprozesse durch Einzelfallarbeit im Projekt „Schule für alle": Analyse von zwei Praxisberichten mittels der Dokumentarischen Methode

Professional reflection processes through individual case work in the project „Schule für alle": Analysis of two practice reports by means of the documentary method

Autor/innen

  • Anne Reh Universität Bielefeld
  • Brigitte Kottmann Universität Bielefeld
  • Susanne Miller Universität Bielefeld

DOI:

https://doi.org/10.21248/qfi.56

Schlagworte/Keywords

Professionalisierung, Grundschule, Inklusion , Einzelfallarbeit, Reflexion, schulische Praxisphase, Professionalisation, primary school, inclusion, reflection, teacher training, individual case work

Zusammenfassung

In dem Beitrag wird ausgehend von der Notwendigkeit einer inklusionspädagogischen Professionalisierung im Lehramtsstudium ein erziehungswissenschaftliches Projekt dargestellt, das es den teilnehmenden Bachelor-Studierenden in besonderer Weise ermöglicht, berufsspezifische Reflexionsprozesse zu durchlaufen. In dem Projekt übernehmen Studierende die einjährige pädagogische Förderung von Grundschulkindern mit bildungsrelevanten Benachteiligungsfaktoren, die häufig von Selektionspraktiken und -maßnahmen bedroht sind. Die Bearbeitung von vorliegenden Common-Sense-Theorien im inklusiven Kontext gilt dabei als ein relevantes Professionalisierungsziel in der Lehramtsausbildung. Konkret werden Ausschnitte aus Praktikumsberichten von zwei Studierenden mittels der dokumentarischen Methode ausgewertet und einander gegenübergestellt, um daran herauszuarbeiten, inwiefern sich die Reflexionen unterscheiden. Es zeigt sich anhand der Analysen, dass im Rahmen der Praxisphase eine Reflection-on-Action und auch die vertiefte Reflexion eigener Common-Sense-Theorien grundsätzlich möglich, jedoch nicht voraussetzungslos ist. Insbesondere kann auch anhand der gewählten Einzelfälle verdeutlicht werden, wie individuell inklusionsbezogene Professionalisierungsprozesse im Rahmen der vorliegenden Praxisphase verlaufen können. Die Analyse offenbart multiple Professionalisierungschancen in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen des Projekts, den individuellen Schwerpunkten der pädagogischen Arbeit oder den individuellen Reflexionen der Studierenden.

Abstract

Based on the necessity of an inclusive pedagogical professionalisation in the teacher training program, this article presents an educational science project that enables the participating Bachelor students in a unique manner to go through profession-specific reflection processes. In the project, students take on the one-year pedagogical support of primary school children with educational disadvantage factors, who are often threatened by selection practices and measures. In this context, working through present common-sense theories in an inclusive context is considered a relevant professionalization goal in teacher education. Specifically, excerpts from internship reports of two students are analysed by means of the documentary method and compared to each other in order to work out the extent to which the reflections differ. The analyses show that reflection-on-action and in-depth reflection on one's own common-sense theories are generally possible during the practical phase, but not without preconditions. In particular, the selected individual cases can be used to illustrate how individual inclusion-related professionalisation processes can take place within the framework of the present practical phase. The analysis reveals multiple opportunities for professionalisation depending on the general framework of the project, the individual focal points of the pedagogical work or the individual reflections of the students.

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Veröffentlicht

2021-06-15

Ausgabe

Rubrik

Artikel

Praxisreflexion und Professionalisierung

„Professionelles Handeln in pädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Berufsfeldern zeichnet sich unter anderem durch die Fähigkeit aus, die eigene wie die fremde Praxis genau beobachten, sie angemessen beschreiben und präzise analysieren zu können, um getroffene Entscheidungen zu reflektieren oder zu legitimieren, Handlungsoptionen und -alternativen [...] zu (über-)prüfen und gegebenenfalls gegeneinander abzuwägen und damit zukünftiges Handeln vorzubereiten. Beobachten und Reflektieren sind damit der eigentlichen pädagogischen Intervention wichtige vorgeschaltete Operationen.“ (Egloff, 2011, S. 211)

[1]

Mit dieser Aussage formuliert Egloff (2011) den Erwerb einer Praxisreflexion als zentrales Merkmal professionellen Handelns von Lehrerinnen und Lehrern. Die Verortung der Erarbeitung einer berufsspezifischen Reflexionskompetenz ist eine zentrale Aufgabe universitärer Lehramtsausbildung (Valdorf, 2020). Im Folgenden wird am Beispiel des Projekts „Schule für alle“ dargelegt, wie durch die Einzelfallarbeit von Studierenden mit Kindern Praxisreflexionen als Teil der Entwicklung von professionellen Handlungsstrukturen angestoßen werden können (Kottmann, 2014). Die entstehende Theorie-Praxis-Verzahnung erlaubt, Bildungsungleichheit zielgerichtet wahrzunehmen und für eine ungewollte Reproduktion dieser Strukturen sensibilisiert zu werden. Für den angestrebten Professionalisierungsprozess lässt sich das Projekt im Bereich der praxisanalysierenden Kasuistik verorten (Schmidt et al., 2019). [2]

Konkret geht es um die Reflexion des eigenen Falls im Kontext des fremden Falls und umgekehrt. Als „Fall” verstehen wir an dieser Stelle die Konstellation des/der jeweiligen Studierenden in der Einzelförderung des Kindes, da die Bearbeitung von Bildungsungleichheit nicht nur im inklusiven Kontext immer individuell mit dem Einzelfall sowie deren Akteur*innen verwoben ist, sondern auch auf dem kompetenten und reflexiven Einsatz von theoretischen Wissensbeständen aktueller Forschung im praktischen Handlungsfeld fußt. Um Entwicklungspotentiale und Einflüsse im Rahmen der Praxisphase aufzuzeigen, werden anhand von Praktikumsberichten aus dem Projekt „Schule für alle“ Reflexionsprozesse zweier unterschiedlich verlaufender Praxisphasen rekonstruiert. Die wissenschaftliche Begleitung1 ist im Projekt Biprofessional verankert und zielt auf die Entwicklung eines heterogenitätssensiblen professionellen Umgangs mit sozialer Benachteiligung und schulischen Selektionsmechanismen. [3]

Reflexionsprozesse durch Einzelfallarbeit im Projekt „Schule für alle

Das Lehramtsstudium in NRW umfasst drei obligatorische Praxisphasen: ein Eignungs- und Orientierungspraktikum zu Beginn des Studiums, eine (konzeptionell eher außerschulisch oder außerunterrichtlich angelegte) Berufsfeldbezogene Praxisstudie (BPSt) am Ende des sechssemestrigen Bachelors sowie das Praxissemester im Master. Das Projekt „Schule für alle“ zählt als BPSt, Studierende leisten hier über zwei Semester pädagogische Arbeit mit einem Grundschulkind, das von Bildungs- und/ oder sozioökonomischer Benachteiligung betroffen ist, und werden dabei universitär begleitet. Ziele des Projekts sind eine Verbesserung der Bildungschancen der Kinder, eine Unterstützung der Grundschule, eine Schule für alle Kinder zu sein (Bartnitzky, Brügelmann, Hecker, Lassek & Ramseger, 2019) sowie eine inklusionspädagogische Sensibilisierung und Professionalisierung von Studierenden u.a. für Aspekte von Didaktik und Diversität (Kottmann, 2014). Für Studierende ergeben sich bei den wöchentlichen Treffen mit den Kindern vielfältige Lern- und Reflexionschancen, z.B. zu konkreten fachlichen Lernprozessen, aber auch zu Mechanismen von Bildungsungleichheit. Die Lebenswelten der Kinder stimmen häufig nicht nur aufgrund der generationalen Ordnungen wenig mit den Lebenswelten der Studierenden überein, teilweise zeigen sich hier auch unhinterfragte Normalitätsvorstellungen mit möglichen Mittelschichtsorientierungen oder dominante Erfahrungen aus den eigenen Herkunftsmilieus der Studierenden (Pieper & Kottmann, 2019). [4]

Zu Beginn des Projekts bekommen die teilnehmenden Studierenden ein seitens der Schule ausgewähltes Kind zugeteilt, das sie zunächst im Unterricht beobachten und kennenlernen. Mit der Seminarleitung und der Klassenlehrkraft des Kindes werden nach den ersten Wochen mögliche Förderziele und -schwerpunkte in einem gemeinsamen Gespräch geklärt, anschließend planen die Studierenden eigenständig ihre Förderaktivitäten. Dabei geht es insbesondere um Bildungsangebote und eine kontinuierliche Unterstützung schulischer Inhalte, aber auch um eine verlässliche Beziehung und eine Lernpartnerschaft, die ausdrücklich auch durch Freizeitaktivitäten stattfinden kann. Parallel findet ein wöchentliches Begleitseminar in der Universität statt, in dem theoretische Zugänge thematisiert und Theorie-Praxis-Reflexionen angeregt werden, zudem finden regelmäßige Peer-Beratungen oder Einzelfallgespräche statt. Die Studierenden dokumentieren ihre Beobachtungen sowie ihre Förderaktivitäten, protokollieren Gespräche mit den unterschiedlichen Akteur*innen und verfassen auch im Rahmen des Begleitseminars regelmäßig reflexive Schreibformate. Weiterhin werden Arbeitsprodukte der Kinder analysiert oder mit Hilfe von diagnostischen Verfahren auch Lernentwicklungen der Kinder nachgezeichnet. Diese Dokumente werden in die Praktikumsberichte eingebracht, welche im Kontext dieses Beitrags als Datenquelle dienen. [5]

Reflexion in der Lehrer*innenbildung

Reflexion ist in vielerlei Hinsicht für den Lehrberuf essentiell, sie nimmt sowohl in der Ausbildung als auch in der späteren Tätigkeit einen besonderen Stellenwert ein (Häcker, 2019). In Anlehnung an die im angloamerikanischen Raum vorliegende Denkfigur des Pragmatismus (Fraefel, 2017) und an Dewey (1916) kann Reflexion als Voraussetzung eines Lernprozesses definiert werden. [6]

„Dem Reflektieren wird im Zusammenhang mit der Professionalisierung von Lehrpersonen eine wichtige Funktion dabei zugeschrieben, Alltagstheorien, subjektive Theorien bzw. implizites Wissen, die im Handeln zum Ausdruck kommen, in explizites Wissen zu transformieren, auf wissenschaftliches Theorie- und Forschungswissen zu beziehen, um dann später im wissenschaftlich fundierten interventionspraktischen Handeln die angezielte pädagogische Professionalität zu realisieren“ (Häcker, 2019, S. 85).

[7]

Gekoppelt wird an die Reflexionsfähigkeit in den Ausführungen von Schön (1983) und Dewey (1910) eine Problemsensitivität, die in der Folge ermöglicht, einen Problemlöseprozess anzustoßen. So erlaubt eine reflexive Sicht auf die Dinge einen Perspektivwechsel zwischen Theorie/Wissen und Handlung/Praxis (Leonhard & Rihm, 2011). Schön (1983) unterscheidet dabei drei verschiedene Modi des Theorie-Praxis-Verhältnisses, welche sich auf die Art der Handlung und des Denkens über die Handlung ausdrücken: [8]

  1. Knowing-in-Action: Die Lehrkraft greift in Handlungen auf implizite Handlungsstrukturen zurück, die sich beispielsweise durch Routinen äußern.

  2. Reflection-in-Action: Die Handlungspraxis ist charakterisiert durch das Unterbrochensein routinierter Handlungsabläufe. Denken und Handeln erfolgen mit konkretem Bezug zur Situation.

  3. Reflection-on-Action: Kennzeichnet eine der Situation nachgeschaltete Reflexion, mit dem Ziel diese zu verstehen und Handlungsstrukturen für zukünftige Situationen zu entwickeln. [9]

Insbesondere der Vollzug des Modus von Reflection-on-Action gilt in der Lehramtsausbildung als besonders vielversprechender Ansatz um eigene Common-Sense-Theorien zu hinterfragen, als auch im Sinne einer äußeren Intervention didaktisch sinnvoll aufbereitete Lerngelegenheiten erarbeiten und im Nachhinein handlungsentlastet hinterfragen zu können (Leonhard & Abels, 2017; Reinhoffer & Dörr, 2008). Diese Zielsetzungen gehen mit der Ausbildung habitualisierter sozialer Praktiken des Unterrichtens und eines wissenschaftlich-reflexiven Habitus einher (Hedtke, 2020; Helsper, 2019). Damit wird in Bezug auf die Lehramtsausbildung der Reflexion ein hoher Stellenwert zugeschrieben: Sie ermöglicht „das Gelernte in seinem Stellenwert einzuschätzen“ und „in großen Zusammenhängen zu verorten und zu relativieren“ (Tenorth & Tippelt, 2007, S. 598). Jedoch wird die Förderung der Reflexionsfähigkeit in der Lehrer*innenbildung als ambitioniert betrachtet, unter anderem aufgrund der Normativität des Konzepts und den bisher ausstehenden empirischen Belegen, ob und wie sich Reflexionsfähigkeit tatsächlich fördern lässt bzw. inwiefern sich eine verbesserte Reflexionsfähigkeit der Lehrkraft auf das konkrete Lehrer*innenhandeln und das Lernen von Kindern auswirkt (Häcker, 2019; Hinzke, 2020). [10]

Reflexion und die Förderung von Reflexionsfähigkeit wird in der Lehramtsausbildung in allen Bereichen integriert. Es wird auch von einer „Verdichtung von Reflexionsanforderungen“ (Häcker, 2019, S. 83) gesprochen, die seit geraumer Zeit zu beobachten sei. Insbesondere Studierende in Praxisphasen stehen der Herausforderung gegenüber, neben den stetig wachsenden Anforderungen bzgl. reflexiver Prozesse mit multiplen Herausforderungen gleichzeitig zu jonglieren. Dies wird vor allem Praxisphasen, wie dem Praxissemester, attestiert. Das in diesem Beitrag präsentierte Projekt „Schule für alle" unterscheidet sich stark von vielen anderen Praxisphasen: U.a. durch die für Praktika ungewöhnliche lange Dauer von zwei Semestern oder auch durch die konkrete Zuordnung zu einem Kind, was explizit keinen Fokus auf die gesamte Klasse oder die Planung von Unterricht erfordert. Ebenso entfällt die Anforderung, ein wissenschaftliches Kleinprojekt durchzuführen. Gleichwohl sind die Studierenden eigenständig und verantwortlich pädagogisch tätig. Damit steht neben der Entwicklung professioneller Handlungsfähigkeit insbesondere eine Förderung der Reflexionsfähigkeiten angehender Lehrkräfte im Fokus, die nicht durch multiple Anforderungen überlagert wird. [11]

Im Kontext der Einzelfallarbeit finden sich essentielle Professionalisierungsmomente, vor allem in Bezug auf die Handlungsmodi des Reflection-in-Action und Reflection-on-Action. Beides ist aber verortet in dem Schonraum einer 1:1-Betreuung und noch nicht mit der Perspektive auf und der Verantwortung für eine heterogene Lerngruppe. Der möglichen Kritik, im Kontext der Einzelfallarbeit würden kaum essentielle Professionalisierungsmomente trainiert, die für den Unterricht einer gesamten Klasse nötig seien, kann dahingehend widersprochen werden, als dass auch im Rahmen eines gemeinsamen Lernens in der Grundschule die Forderungen nach einer individuellen Förderung und Differenzierung (Bartnitzky et al., 2019) sowie dem Verstehen des Einzelfalls (Helsper, 2016) immer stärker werden. Im Kontext inklusiver Lehr-Lernsettings und einem Lernen am gemeinsamen Gegenstand ist zudem stets der Blick auf das einzelne Kind durch die Lehrkraft ebenso relevant wie der Blick auf die gesamte Klasse. [12]

Weiterhin muss in diesem Kontext auch die Forderung nach einer habitusreflexiven Lehrer*innenbildung (Benkmann, 2020) verhandelt werden. Der Lehrer*innenhabitus wird in der Literatur als „Amalgam von Milieu und beruflich spezifizierten Feldanforderungen“ (Kramer, 2015, S. 355) beschrieben. Hierin manifestiert sich die Verbundenheit des eigenen Lehrer*innenhandelns mit dem familiären Herkunftshabitus einerseits und den im weiteren Verlauf biographisch erworbenen, individuellen habituellen Strukturen andererseits (Helsper, 2019). Im Kontext der biographisch erworbenen Strukturen kann für alle Lehramtsstudierenden unabhängig der sozialen Herkunft, eine Gemeinsamkeit festgehalten werden: Der durch die vorangegangene Schulzeit erworbene Schüler*innenhabitus, der in der Transformation zur Lehrkraft reflektiert und grundlegend umgewandelt werden muss (Helsper, 2016, 2018⁠, 2019). Im Hinblick auf die Reproduktion von Exklusionsmechanismen ist diese Transformation des eigenen Schülerhabitus und die Reflexion der häufig vorhandenen eigenen Privilegierung im Bildungssystem zum Übergang in einen professionellen Lehrer*innenhabitus grundlegend. Denn eine unreflektierte Übernahme der eigenen bereits ansozialisierten Strukturen führt zu einer Übernahme der eigenen Schüler*innenhaltung als „'Blaupause' für die gewünschte Schülerhaltung, die sie als Lehrkräfte später favorisieren“ (Helsper, 2019, S. 63). Als Beitrag zu einer habitusreflexiven Lehrer*innenbildung sehen wir im Projekt „Schule für alle“ mehrere Anknüpfungspunkte, die durch die Reduktion auf eine essentielle Auseinandersetzung mit einem spezifischen Einzelfall fokussiert und somit zum Hauptanliegen der Professionalisierungsleistung werden können und nicht nur ein möglicher Nebeneffekt sind. Bezogen auf die Reflexion von Ungleichheiten im Bildungssystem ist dabei wesentlich, dass es nicht genügt, die Rolle(n) und Erwartungen der Professionellen zu fokussieren, sondern dass es neben einer Sensibilisierung für Unterschiede in den Lebenswelten auch notwendig ist, „das komplexe Phänomen der schulischen Reproduktion von Bildungsungleichheiten nicht (zu) simplifizieren“ (Panagiotopoulou & Winter, 2019, S. 68), sondern vielmehr sowohl individualisierte als auch institutionelle Faktoren und deren Wirkmechanismen in ihrer Gesamtheit zu betrachten und zu hinterfragen. Dieses komplexe Zusammenspiel von Reproduktion und Bildungsungleichheit ist im Projekt insbesondere durch die Arbeit am Einzelfall gegeben. [13]

Im Kontext der theoretischen Verortung wird Reflexion jedoch nicht ausschließlich mit Blick auf das hier anfangs beschriebene Verhältnis von Theorie und Praxis mit dem Ziel des Hinterfragens von Common-Sense-Theorien definiert. Ein weiterer Zugang zur Definition und Aufgabe von Reflexion, welcher ebenfalls eine Bearbeitung vorliegender Common-Sense-Theorien beinhaltet, ist eine wissenssoziologische Betrachtung, die im Folgenden dargestellt wird. [14]

Reflexionsprozesse im Kontext der praxeologischen Wissenssoziologie

Insbesondere habitualisierte berufsspezifische Reflexionsprozesse werden in der Literatur als zentrales Element beruflicher Professionalität beschrieben (Bonnet & Hericks, 2019; Kunze, 2020). Helsper (2018) betont an dieser Stelle, dass der professionelle Lehrer*innenhabitus sich durch die „explizite Reflexion des Impliziten“ auszeichnet (Helsper, 2018, S. 131), wodurch eigene ansozialisierte, implizite Handlungsstrukturen erkannt und diese in einen wissenschaftlich-theoretischen Kontext gesetzt und überdacht werden können. [15]

Mit Rückbezug auf die praxeologische Wissenssoziologie nach Bohnsack (2017) ist Reflexion an unterschiedliche Vergleichshorizonte gebunden. Damit wird es möglich zu hinterfragen, wie diese Situation durch ein verändertes Handeln der Akteur*innen anders hätte verlaufen können und wie perspektivisch ähnliche Situationen verhandelt werden könnten. Dieser „Horizont anderer Möglichkeiten“ (Luhmann, 1997 in Bohnsack, 2017, S. 112) verweist auf den durch Luhmann geprägten Kontingenzbegriff und postuliert damit Kontingenz als Voraussetzung von Reflexion. [16]

Im Folgenden wird auf dieser Grundlage zwischen Reflexionen erster und zweiter Ebene unterschieden (Hinzke, 2020). Reflexionen erster Ebene erhalten bestehende Strukturen aufrecht und es erfolgt eine eher schematische Zuweisung immer gleicher Begründungszusammenhänge. Ausschlaggebend ist das Fehlen unterschiedlicher Vergleichshorizonte. Daher ist Reflexionen erster Ebene zuweilen auch eine fehlende Theorie-Praxis-Verknüpfung zu unterstellen, als auch ein Mangel an fallverstehenden Elementen, da Handeln und Verstehen innerhalb der immer selben Rahmung verbleiben. Reflexionen erster Ebene können entsprechend in die ungewollte Reproduktion von Bildungsbenachteiligung münden, indem normative und alltagstheoretische Erklärungstheorien dominieren. Eine unreflektierte Übernahme könnte in diesem Kontext auch als eine Art Autopoiesis des Problems von Bildungsbenachteiligung beschrieben werden. [17]

Reflexionen zweiter Ebene beinhalten stärkere wechselseitige Theorie-Praxis-Bezüge und ermöglichen zumindest potentiell die Überwindung von Reproduktion. Grundlegend anders ist hier die Fähigkeit zu einer rekontextualisierten Betrachtung der Situation. Bezugsrahmen zum Verstehen und Handeln werden nicht durch die immer gleiche Struktur bestätigt, sondern z.B. durch den Einbezug von theoretischen Elementen oder einen Perspektivwechsel durch Austausch mit Dritten. Dies führt zu einer eher fallverstehenden und individualisierten, aber auch systemischen Betrachtung von Praxis. Diese fallverstehende Sicht auf den individuellen Einzelfall sehen wir im Projekt „Schule für alle“ als Grundlage für ein professionelles Handeln in einer Grundschule für alle Kinder. [18]

Die unterschiedlichen Betrachtungsweisen von Reflexion in der Tradition nach Schön (1983), als auch im Sinne der praxeologischen Wissenssoziologie werden in der angestrebten Analyse der Praxisberichte berücksichtigt, da diese beiden Faktoren Aufschluss über zweierlei Facetten geben können, die für die Bearbeitung von (implizit) vorliegenden Common-Sense-Theorien notwendig sind: Zum einen ob es gelungen ist, außerhalb der eigenen Common-Sense-Theorien im Sinne multipler Vergleichshorizonte implizite Handlungsstrukturen für sich aufzudecken, die als Grundlage einer sensiblen und anerkennenden Didaktik (Prengel, 2020) offeriert werden können und die eine professionelle Bearbeitung von Heterogenität ermöglichen. Zum anderen ob eine entsprechende Theorie-Praxis-Verknüpfung im Sinne einer Reflection-on-Action gelungen ist. Denn diese verweist insbesondere auf die Handlungsfähigkeit, nachträglich eine professionelle sowie theorie- und forschungsgebundene Bearbeitung problembehafteter Handlungssituationen im schulischen Alltag zu meistern, als auch neue Handlungsstrukturen zu entwickeln, die prospektiv die Umsetzung eines inklusiven Lehr-Lernangebots unterstützen. [19]

Design und Methodik

Ausgangspunkt der materiellen Erschließung bilden die retrospektiv verfassten Praxisberichte der Studierenden. Der etwa 15-seitige Bericht stellt die Abschlussprüfung des Moduls „Berufsfeldbezogene Praxisstudie: Diagnose und Förderung“ dar. Laut Modulbeschreibung münden „die theoriegeleiteten Erkundungen (...) in einen Praktikumsbericht, in dem die Studierenden im Sinne einer Theorie-Praxis-Reflexion die Erfahrungen im Berufsfeld vor dem Hintergrund der eigenen berufsbiographischen Entwicklung reflektieren (…)“ (Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld, 2017) sowie Bezüge zu Seminarinhalten herstellen. Im Projekt „Schule für alle" sind die Studierenden aufgefordert, im Bericht ein Portrait „ihres Projektkindes" ähnlich einer Kind-Umfeld-Analyse zu erstellen, den Projektverlauf chronologisch zu beschreiben und sowohl die Förderung des Kindes als auch den eigenen Professionalisierungsprozess im Rahmen dieser Reflexion aufzugreifen. In der vorliegenden Analyse betrachten wir die Studierenden, bzw. deren Praktikumsberichte als Fall, während innerhalb der Berichte das Kind selbst oder der*die Studierende sich selbst zum verhandelnden Fall macht. [20]

Die Dokumentarische Methode, die zur Analyse der Berichte eingesetzt wurde, ist eine Methode der rekonstruktiven Sozialforschung und eignet sich insbesondere um implizite Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsweisen sichtbar zu machen. Die dokumentarische Auswertung der vorliegenden Berichte orientiert sich an der durch Erne (2016) erarbeiteten methodologischen Anwendung der dokumentarischen Methode zur Analyse von Akten. Diese unterscheidet sich insofern von der Analyse beispielweise einer Gruppendiskussion, als dass nicht die Diskursorganisation als solche, sondern viel mehr die Rekonstruktion der formalen Textorganisation im Fokus der Auswertung steht (Erne, 2017). Erne nimmt zur Anpassung der Methodik eine verfeinerte Analyse der Textmodi vor, die eine Erschließung der Schriftmaterialien ermöglicht. So werden in der Textorganisation atheoretische und theoretisierende Modi unterschieden, die sich an die formale Textorganisation nach Bohnsack (2017) anlehnen. Dabei verweisen atheoretische Modi der Textorganisation, wie Beschreibungen und Erzählungen der eigenen Handlungspraxis, auf die Performanz (Bohnsack, 2017; Erne, 2017), also den performativen Herstellungsprozess der proponierten Performanz (Erne 2017). Theoretisierende Modi der Textorganisation hingegen verweisen auf Orientierungstheorien zu eigenem oder fremdem Verhalten. Diese werden durch Erklärungstheorien und evaluative Stellungnahmen gestützt. Dabei muss weiterhin unterschieden werden in der Analyse zwischen der Performanz und den zugrundliegenden Common-Sense-Theorien (Bohnsack, 2017). [21]

Insbesondere die theoretisierenden Modi der Textorganisation sind dabei beeinflusst von den normativen Vorgaben der Prüfungsordnung und der impliziten Erwartungshaltung der Dozierenden für die Analyse des hier vorliegenden empirischen Materials (Erne & Bohnsack, 2018). So sind in den vorliegenden Berichten häufig Um-zu- oder Weil-Motive, evaluierende Stellungnahmen oder Erklärungstheorien zu identifizierenden. Ein stark argumentativer Sprachduktus kann auf die antizipierte Erwartungshaltung einer reflexiven Auseinandersetzung mit der eigenen berufsbiographischen Entwicklung zurückgeführt werden. Weiterhin ist im Rahmen der Analyse ebenfalls darauf zu verweisen, dass lediglich habituelle Strukturen der darstellenden Personen, also der Studierenden, anhand des Materials zu erschließen sind (Bohnsack, 2017), auch deshalb stellen für die folgende Analyse die Studierenden bzw. ihre Berichte die Fälle dar. Aussagen über die habituellen Strukturierungen der im Projekt begleiteten Kinder beispielsweise sind nicht möglich, da diese aufgrund der Erzählungen der Studierenden selbst überformt werden und sich somit einer methodischen Kontrolle entziehen (Bohnsack, 2017). [22]

Die im Folgenden dargestellten Fälle Frieda und Kim erlauben eine Gegenüberstellung zweier unterschiedlicher Praktikumsverläufe, die sich auf die zu rekonstruierenden Mechanismen der reflexiven Auseinandersetzung, also auf Ebene der performativen Performanz, als auch auf Ebene der proponierten Performanz widerspiegeln. Analyseschwerpunkte bilden zum einen die Betrachtung der Theorie-Praxis-Verknüpfung mit Rückgriff auf das Verständnis von Schön (1983), andererseits die Rekonstruktion der Reflexion im Sinne einer vorgenommenen Rekontextualisierung und der Einbezug von verschiedenen Vergleichshorizonten. [23]

Falldarstellung

Die beiden Berichte der Studentinnen Kim und Frieda wurden im Sinne eines maximalen Kontrastes zueinander ausgewählt (Erne & Bohnsack, 2018). Die Kontrastierung bezieht sich dabei auf die Reflexionsmodi und die Verzahnung von praktischen Erfahrungen und theoretischen Erklärungsmustern, dabei sind die ausgewählten Passagen ähnlich konstituiert. Sie starten mit einer Beschreibung oder Erzählung zu einem in der Praxis erlebten Ereignis oder registrierter Ausgangssituation. Ausgehend von dieser schließen sich im Rahmen theoretisierender Modi Erklärungstheorien und evaluative Stellungsnahmen an, die als Vordergrundkonstruktion einer weiteren Beschreibung oder Erzählung des eigenen pädagogischen Handelns und Entscheidens erfolgen. Thema der beiden ausgewählten Sequenzen, die exemplarisch für die unterschiedlichen Fälle Kim und Frieda stehen, ist das gemeinsame Arbeiten, bzw. die individuelle Förderung des Projektkindes in einem geschützten Raum außerhalb des Klassenverbandes. Unterschiedlichkeiten im Projektverlauf sind auf den ersten Blick auf struktureller Ebene zu suchen. Der Fall Kim zeichnet sich durch einen “mustergültigen” Verlauf der Projektphase aus, d.h. der Studierenden war es möglich, das Projektkind über die gesamte Dauer der angedachten Förderung zu begleiten. Im Gegensatz dazu ist der Praktikumsverlauf von Frieda durch Unterbrechungen gekennzeichnet, denn hier erfolgte ein Wechsel des Projektkindes nach nur wenigen Monaten, sodass Frieda mit der Situation konfrontiert war, sich mit zwei verschiedenen Kindern innerhalb der Praxisphase auseinander zu setzen und weniger Kontinuität im Arbeitsprozess zu haben. Zudem wurde die pädagogische Arbeit auch als emotional überfordernd beschrieben. So ist in der Interpretation eine Strategie zur Handhabung der emotional herausfordernden Situation zu rekonstruieren, die wenig lösungsorientiert bzgl. des Kindes, jedoch aus Selbstschutz für die Studierende durchaus legitim ist. Insbesondere die Erklärungstheorien und um-zu-Motive, die die beiden Fälle rahmen, unterscheiden sich in ihrem strukturellen Aufbau und reflexiven Ansinnen voneinander. [24]

Fall Kim

Erste Eindrücke und Handlungsoptionen werden über die Beobachtung des Kindes dargestellt, weitere Anpassungen über theoriebasierte Herangehensweisen. Ein spiralförmiger Reflexionsprozess mit einhergehender Verknüpfung von Theorie und Praxis wird in der folgenden Analyse fokussiert. Insbesondere fachdidaktische Wissensbestände kommen hier zum Tragen: [25]

Durch die gemeinsame Zeit während der Förderstunden erlebte ich mein Projektkind als ein aufgewecktes, pfiffiges und fantasievolles Kind, das gerne Geschichten erzählt und Geschichten vorgelesen bekommt. Aufgrund dieser Erfahrung beschlossen mein Projektkind und ich einen großen Teil unserer Projektzeit dem gemeinsamen Lesen von Bilderbüchern und dem Geschichten erzählen zu widmen...

[26]

Einleitend erfolgt eine positiv konnotierte Beschreibung des Kindes, welches eine Potential- und Interessenanalyse enthält, die im Rahmen der Beschreibung mit bewertenden Anteilen eingebunden sind. Insbesondere die positive und anerkennende Umschreibung als pfiffig oder fantasievoll leiten über zu einer Argumentation und einer daraus folgenden pädagogischen Entscheidung zur Arbeit mit Bilderbüchern. Die der Entscheidung/Argumentation zugrundeliegende Erklärungstheorie intendiert, dass das Erzählen von Geschichten als für aufgeweckte, pfiffige und fantasievolle Kinder, die jene Aktivität „gerne“ mögen, als logisch folgende Entwicklungsmaßnahme. Diese Entscheidung erfolgt auf einer individuellen Wahrnehmungsebene, die im Verlauf der Sequenz als gemeinsame von der Studierenden und dem Kind dargestellt wird, jedoch bisher nicht fachlich argumentativ, sondern ausschließlich im Sinne bestehender Common-Sense-Theorien hergeleitet wird. Es erfolgt im Anschluss an die eher persönliche Einschätzung eine theoretische Fundierung, die über die Kommunikation der vorliegenden Erklärungstheorie im Rahmen des Common-Sense erarbeitet wird: [27]

...da die gemeinsame Bilderbuchrezeption wertvolle Bildungschancen besonders für Kinder, die schwierig an das Lesen heranzuführen sind, bereithält (vgl. Wieler 2014, S.185). Ich erhoffte mir dadurch, meinem Projektkind auf diesem Weg einen Zugang in die Literatur zu eröffnen und meinem Projektkind durch das Lesen einen Schlüssel zur Bildung zu geben, um den Kreislauf der Benachteiligung zu durchdringen.

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Die nachgesetzte Argumentation erweist sich als rekontextualisierte Betrachtung der pädagogischen Erstentscheidung. Sie mündet in einer prospektiven Erwartungshaltung, die mit der pädagogischen Handlung verknüpft wird. Die Relevanz der Erwartung für den Förderprozess wird wiederum mit fachlich fundierten Wissensfacetten argumentiert und begründet. Diese Textsorten verweisen auf eine bewusste Orientierung. Weiterhin manifestiert sich in der metaphorischen Umschreibung, dem Kind „einen Schlüssel zu Bildung“ geben zu wollen, die im Kontext der individuellen Förderung angelegte Intention der angewendeten Maßnahme. Dabei verweist die bildliche Übergabe eines Schlüssels hier nicht lediglich auf eine angepeilte Unterstützung, sondern das intendierte Ziel eine selbstgesteuerte Handlungsstruktur für das Kind zu schaffen, welche unabhängig von den Studierenden als initiierenden Akteur*innen prospektiv funktional bleibt. [29]

Die Bücher, die ich mit meinem Projektkind las und im literarischen Gespräch besprach, griffen aktuelle Probleme von meinem Projektkind auf, um so Handlungsalternativen zu seinem schwierigen Sozialverhalten aufzuzeigen. Darüberhinaus versuchte ich, Bilderbücher auszuwählen, die mein Projektkind im Selbstkonzept stärken und in seiner Sprachentwicklung fördern. Generell zielte mein Vorhaben auf eine grundsätzliche Lesekompetenzförderung und Lesemotivationsförderung ab.

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Der Ausschnitt fokussiert wiederum eine stark argumentative und begründende Darstellung. Diese distanziert sich von der in erster Instanz kindzentrierten Auswahl und fokussiert die Förderziele und die Art und Weise, wie die pädagogische Entscheidung zum Lesen von Büchern helfen soll, diese zu erreichen. Es folgt damit eine eher fachlich-didaktisch geprägte Fundierung, die sich an die ursprünglich kindzentriert-emotionale Entscheidung anschließt. Hier formiert sich bereits ein spezifischer Auswahlprozess der Bücher, der sich im weitesten Sinne auf das Kind bezieht, aber nicht den Spaß alleine in den Vordergrund stellt, sondern die gemeinsame Arbeit an vermeintlich defizitären Kompetenzen. Damit erfolgt eine fallberücksichtigende Einbindung der external zugeschriebenen Förderziele in den pädagogischen Entscheidungsprozess. Dies mündet in eine Verzahnung von Theorie und Praxis, durch ein theoretisch-wissenschaftliches Vorgehen in der Analyse, die als Grundlage praktischer pädagogischer Entscheidungen einen direkten Einfluss auf die Gestaltung der pädagogischen Praxis ausübt: [31]

Zur Auswahl entsprechender Literatur trugen Recherchen im Internet und in der Universitätsbibliothek bei. Im Folgenden sollen einige der Bilderbücher, die mein Projektkind und ich zusammen lasen und im literarischen Gespräch besprachen, vorgestellt werden.

Aufgrund der Schwierigkeiten meines Projektkindes bei der Genuszuweisung und Pluralbildung in der Deutschen Sprache und aufgrund seines großen Interesses an Tieren, suchte ich das Bilderbuch "Unruhe im Zoo" (2017) zur Sprachförderung meines Projektkindes aus. Das Bilderbuch (…) fördert gezielt und strukturiert einzelne Bereiche der deutschen Grammatik.

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Die Auswahl der Fördermaterialien unterliegt einem Evaluationsprozess durch eine kriterial geleitete Recherche, neben dem Fall selbst (Interessen des Kindes) werden auch gezielt Materialien ausgewählt, die im individuellen Förderprozess eine Rolle spielen. So erfolgt die gezielte Recherche und Auswahl im Sinne einer metaperspektivischen Betrachtung, die sich einerseits kindlicher Perspektiven bedient, aber ebenso theoretisch-didaktische Zugänge integriert. [33]

Der Abschluss der Passage beinhaltet eine evaluative Stellungnahme zu der gesamten Projektlaufzeit: [34]

Ich denke, dass ich durch die Lehr-Lern-Prozesse meines Projektkindes und mir besonders im literaturdidaktischen Bereich viele Erfahrungen mitnehmen konnte. Zum Beispiel habe ich mich zu einer besseren Vorleserin im Bereich des literarischen Gesprächs und der Stimmeinsetzung gemacht. Darüber hinaus bin ich kompetenter in der passgenauen Auswahl zur entwicklungsförderlichen Literatur geworden und konnte meine Mitstudierenden im Projekt mit Bilderbuchempfehlungen beraten. Durch die Arbeit mit meinem Projektkind habe ich gelernt, dass ein Kind nicht durch das Verlangen seiner Lehrkraft zur Leistungserbringung motiviert werden kann und dass es vielfältiger Lernanlässe zur individuellen Förderung aller in der inklusiven Grundschule bedarf.

[35]

Es findet eine Bewertung des eigenen Kompetenzzuwachses statt, beispielsweise durch die Rezeption auf die Einnahme einer Expert*innenrolle gegenüber den Peers. Abschließend erfolgt eine Darstellung der späteren Lehrer*innenrolle im inklusiven Kontext, indem sich auf die Lernmotivation von Kindern bezogen wird. Mit der Umschreibung des Verlangens durch die Lehrkraft erfolgt eine Ablehnung dieser fordernden Haltung bzw. dieser Hierarchisierung im Lernprozess. Antithetisch wird das Bild einer Lehrkraft entworfen, welche Kinder individuell und interessengeleitet motiviert und als Lernbegleitung Lernakte initiiert und unterstützt. [36]

Fall Frieda

Der Fall Frieda unterscheidet sich vom Fall Kim grundlegend, da aufgrund besonderer Umstände zwei Kinder nacheinander über einen jeweils verkürzten Zeitraum begleitet wurden. Die folgende Beschreibung, gerahmt durch eine Theoretisierung der gemeinsamen Förderzeit mit dem ersten Projektkind bezieht sich insbesondere auf Handlungsstrukturen, die im Rahmen einer Reflexion erster Ebene zu rekonstruieren sind: [37]

In unseren Gesprächen, die Ayse eventuell als Strategie genutzt haben könnte, ist sie häufig sehr emotional geworden. Sie berichtet vom kürzlichen Verlust ihres nur ein Jahr älteren Bruders, der an Krebs erkrankt war, von den Sticheleien auf dem Schulhof, die sie auf ihr Aussehen zurückführt, und von mangelnder Freundschaft. Nach solchen Gesprächen ist weder Ayse – noch bin ich es – zum Lernen und konzentriertem Arbeiten in der Lage gewesen. Diese Situationen haben mich sehr belastet und stellten eine große Herausforderung dar.

[38]

Die Darstellung wird eingeleitet mit einer Beschreibung der für die Studentin emotional belastenden Erzählungen und Verhaltensweisen des Kindes. Dabei wird bereits in der Einleitung der Sequenz dem Kind in seinem Verhalten eine gewisse Intentionalität zugeschrieben, nämlich die evtl. strategische Nutzung dieser emotional belastenden Erzählungen. Eine Begründung dieser Zuschreibung entzieht sich dem Leser an dieser Stelle jedoch. Die fehlende Begründungsnotwenigkeit dieser Einschätzung verweist auf für die Studierende offensichtliche Zusammenhänge, die an dieser Position scheinbar keiner weiteren Erläuterung bedürfen. In der abschließenden evaluativen Zusammenfassung wird beschrieben, dass es aufgrund der belastenden Situation nicht zu einer konzentrierten Arbeitsphase wie ursprünglich geplant gekommen zu sein scheint. Diese Evaluation verweist auf die Rolle, die die Studierende für sich in diesem Arbeitsbündnis beansprucht: Die Studierende zielt auf die Förderung des Kindes ab, die sich vornehmlich auf die fachliche Weiterentwicklung bezieht und die Bearbeitung emotionaler Herausforderungen nicht im vom Kind geforderten Ausmaß angedacht wurde. Die Passage schließt mit einer Bewertung der Gesamtsituation bzw. des eigenen Verhaltens in der Situation. Innerhalb der folgenden Sequenz erfolgt eine weitere Rahmung der beschriebenen Wahrnehmung der Situation: [39]

Im Sinne der Entwicklung meiner eigenen Lehrerinnenpersönlichkeit stellte sich mir die Frage nach einem adäquaten Verhalten, das von Professionalität zeugt. Tatsächlich war ich in solchen Situationen einfach den Tränen nah und wollte Ayse alle mögliche Aufmerksamkeit schenken und sie trösten. Nach einer professionellen Distanz sah das wohlmöglich ganz und gar nicht aus. Trotzdem wurde mir in solchen Momenten klar: Denk auch an dich und an deine Gesundheit. Ayse hat mir gezeigt, wo meine Grenzen sind.

[40]

Ebenso verweist diese Rahmung mit Rückbezug auf die Fokussierung der Fördersituation auf ein gewisses Rollenverständnis, welches für die Studierende hier zugrunde liegt. Professionalität konstruiert sich innerhalb der Beschreibung in Form eines rollenförmigen Handelns, welches die fachlich-inhaltliche Förderung des Kindes fokussiert, jedoch emotional-unterstützende Handlungsstrukturen nicht bzw. wenig integriert. Dadurch entsteht in der emotionalen Auseinandersetzung eine Diskrepanz zwischen rollenförmigem Handeln und tatsächlich umgesetzten Handlungsstrukturen. Als Lösung dieses Dilemmas erfolgt eine Selbstschutzreaktion (denk auch an dich und an deine Gesundheit). Dabei wird nochmals die emotionale Belastung durch die Situation verdeutlicht. Die konkludierende Aussage (Ayse hat mir gezeigt, wo meine Grenzen sind) impliziert in der Gesamtschau mit weiteren Aussagen aus dem Bericht (z.B. Ayse hat mir gezeigt, was ich mit nach Hause nehme und was ich in der Schule lasse) eine Reflexion der Antinomie von Nähe und Distanz, aber auch eine Form von Selbstkritik sowie eine Abgrenzungshaltung und der Versuch einer Bewältigungspraktik, die ab einem bestimmten Belastungsgrad künftig greifen soll. Die Darstellung verbleibt dabei mit Fokus auf die eigene Situation und entwickelt (noch) keine nutzbaren Handlungsalternativen, die im Sinne einer rekontextualisierenden Reflexion zu begreifen sind, über den Verweis auf Common-Sense-Theorien als Grundlage von Erklärungstheorien oder evaluativen Stellungnahmen hinaus. Frieda bearbeitet damit die eigene normative Vorstellung des eigenen Professionalisierungsprofils, welches die kindlichen Problemlagen (vorerst) zurückgestellt und eine Distanz zu kindlichen Problemlagen, außerhalb inhaltlich-fachlicher Felder, proponiert. Eine spezifische Ausarbeitung und explizite Fokussierung dieser bleibt dabei jedoch aus. [41]

In einer folgenden Sequenz erfolgt eine Aushandlung der zweiten Projektphase mit dem zweiten Kind, welche die emotionale Überlastung in der Auseinandersetzung mit dem ersten Kind aufgreift. Ebenso steht hier keine rekontextualisierende Analyse im Fokus der Auseinandersetzung, sondern die problematisierte Ersterfahrung wird als Erklärungstheorie für die weitere Verortung der eigenen Rolle im Projekt angewendet: [42]

Gerade weil das Ende mit Ayse so abrupt kam, lag mein Fokus bei der Zusammenarbeit mit Ina auf Spaß. Ich setzte es mir zum Ziel Ina außerhalb der Schule zu sehen und mit ihr Dinge zu unternehmen, da sie laut ihrer Klassenlehrerin im Freizeitbereich kaum etwas unternahm. Diese Ansicht bestätigte Ina mir. Sie sagte aus, dass sie bis aufs Basketballspielen meist zu Hause blieb, um mit ihrem kleinen Bruder Videospiele zu spielen. Auch wenn dies heutzutage nicht mehr sehr ungewöhnlich ist, wollte ich mit Ina rausgehen und Spaß haben.

[43]

Dabei wird mehrfach die Absicht des Spaß-Habens erklärt. Es manifestiert sich eine studentische Definition von Spaß und außerschulischer Aktivität in einem Rausgehen, also einem außerhäuslichen Rahmen, der mit der Lebensrealität der Kinder nicht deckungsgleich zu sein scheint. In dieser Darstellung zeigt sich die normative Vorstellung einer idealen kindlichen Freizeitbeschäftigung, die von den beobachteten Aktivitäten des Kindes abweicht. Für die Lehrkraft und die Studierende zählt das Videospielen nicht als attraktive außerschulische Aktivität oder Spaß. Trotz des Verweises auf eine veränderte Kindheit wird die eigene Sichtweise nicht hinterfragt oder revidiert. Damit werden die eigenen habitualisierten Grundeinstellungen in erster Instanz übernommen und trotz der Wahrnehmung einer veränderten Kindheit in der ersten gemeinsamen Zusammenarbeit (noch) nicht grundlegend rekontextualisierend hinterfragt. [44]

Diskussion

Die Ergebnisse weisen auf die Potentiale hinsichtlich von Reflexionsprozessen auf erster und zweiter Ebene hin, wonach erst durch die Reflexionen zweiter Ebene Theorie-Praxis-Verknüpfungen jenseits von alltagstheoretischen Zugängen ermöglicht werden und von einem Reflection-on-Action ausgegangen werden kann. Auch belegen die Befunde, dass eine reflexive Verzahnung von Theorie und Praxis bereits im Rahmen von Bachelorveranstaltungen möglich ist. [45]

Im Fall Frieda zeigt sich die Reproduktion eigener habitualisierter Erwartungen und Handlungsstrukturen. Diese sind gekoppelt an die wahrgenommene Rollenförmigkeit, die mit den Anforderungen des Kindes bzw. seinen Bedürfnissen in bestimmten Situationen konfligiert. Die ausbleibende Rekontextualisierung und Rückführung der erlebten Situationen und Überforderungen manifestieren sich in der Nutzung von Common-Sense-Theorien und der Integration einer eher diffusen Vermeidungs- oder Schutzhaltung gegenüber entsprechenden Situationen. Frieda ist zum einen durch die privaten Belastungen sowie den Umzug von Ayse und die nur kurzzeitige Beziehung beeinflusst worden, zum anderen hat sie möglicherweise auch dadurch vermieden, sich tiefer auf die Fälle einzulassen. Oder sie hat ihre emotionale Überforderung bei Ayse dahingehend wahrgenommen, dass sie sich bei Ina bewusst eher auf vordergründige Ziele fokussiert hat. Bestehende normative Vorstellungen von Kindheit und Professionalität werden teilweise reproduziert und nicht vor dem Hintergrund des Einzelfalls, sondern der eigenen Erklärungstheorien und evaluativen Stellungnahmen elaboriert. Gleichzeitig muss eingeräumt werden, dass Frieda emotional viel stärker gefordert war als Kim, die sich vorrangig auf fachliche Lernziele fokussieren konnte. Insofern ist eine Kontrastierung dieser beiden Fälle nur bedingt möglich: Bei Kim erfolgt zwar neben der stetigen Beschreibung von Situationen und Handlungsstrukturen eine Rückkopplung zu eigenen Common-Sense-Theorien einerseits, aber ebenso eine Theorie-Praxis-verknüpfende Perspektive, die zur rekontextualisierten Beschreibung und Anpassung der eigenen Handlungsstrukturen genutzt wird. Dadurch, dass primär fachliche Lernziele verfolgt wurden und mit dem Lesen von und Heranführen an Kinderliteratur ein – auch in normativer Hinsicht – wenig strittiges Ziel verfolgt werden konnte, ist der Wechsel von Common-Sense-Theorien zu fundierterer Theorie-Praxis-Reflexion evtl. „einfacher“ möglich. Bei der Analyse der Berichte bzw. der Fälle wurde zudem ein Widerspruch in der Performanz der Studierenden wahrgenommen, so wirkte Frieda während der Praxisphase deutlich engagierter, verlässlicher und involvierter als Kim, Kim gelingt im Bericht aber eine deutlich fundiertere Theorie-Praxis-Reflexion. So bleibt abschließend zum einen der eher profane Hinweis darauf, dass es sich auch bei den Seminargruppen um heterogene Gruppen handelt, die sich auf unterschiedliche Einzelfälle einlassen bzw. selbst als unterschiedliche Einzelfälle betrachtet werden sollten. Zum anderen müssen auch in der Begleitung des Projekts alltagstheoretische Zuschreibungen zu den Studierenden kritisch hinterfragt werden. Beide – sowohl Frieda als auch Kim – haben sich in ihren individuellen Professionalisierungsprozessen weiterentwickelt, dabei aber sehr unterschiedliche Prozesse durchlaufen und unterschiedliche Zugewinne erreicht. Die kontinuierliche universitäre Begleitung ist unverzichtbar, um eine Theorie-Praxis-Reflexion im Sinne eines Reflection-on-Action anzuregen, die eben nicht Gefahr läuft bekannte Strukturen zu reproduzieren. Insbesondere sollte diese aber mit Fokus auf atypisch und überfordernde Praktikumsverläufe, wie im exemplarischen Fall Frieda, für eine vertiefte theoretische Auseinandersetzung zur Distanzgewinnung in der universitären Begleitung noch stärker fokussiert und angeregt werden, ebenso wie Möglichkeiten der Peer-Beratung. Die Analyse zeigt aber auch, dass die Reflexionen während der Projektarbeit und in den Praktikumsberichten dauerhaft einer intensiven Rückmeldung bedürfen, die Begleitung der Studierenden ist mit der Verabschiedung des Kindes und der Abgabe des Berichts nicht beendet. Nur dann können gezielte Denkanstöße oder Reflexionsangebote gegeben werden, die Reflexionen der zweiten Ebene ermöglichen. Dabei stehen Individualisierungsprozesse nicht nur in der Förderung der Kinder durch die Studierenden im Fokus, sondern im Rahmen der universitären Begleitung ist eine ebenso starke Individualisierung in den Seminarkontext zu integrieren. Denn die inhaltlichen Schwerpunkte der jeweiligen Professionalisierung sind stark vom jeweiligen Fall abhängig und daher für jede*n Studierende*n individuell, was aber auch die Notwendigkeit und Chance des multiperspektivischen Austausches über die Fälle im Rahmen des Begleitseminars sowie die möglichen theoretischen Anknüpfungspunkte und deren Komplexität und Interdisziplinarität hinsichtlich der erforderlichen Kompetenzen und Wissensfacetten von Lehrer*innenprofessionalität verdeutlicht. Gerade die Fälle, die seitens der Studierenden als emotional herausfordernd wahrgenommen werden, bedürfen intensiver Kommunikation und Reflexion. Erst dadurch kann die notwendige verstehende Perspektive nach Prengel (2020) und eine Bereitschaft zum theoriegestützten Perspektivwechsel angebahnt werden. [46]

Fazit und Ausblick

Das Projekt „Schule für alle” ist mit zwei Semestern zwar eine relativ lange Praxisphase, die zudem eine kontinuierliche Betreuung der Studierenden erfordert, die Analyse zeigt jedoch, dass in der intensiven Auseinandersetzung mit einem spezifischen Einzelfall, eine vertiefte Reflexion im Sinne einer Theorie-Praxis-Verzahnung oder eines Reflection-on-Action möglich ist. Auch die durch Hinzke (2020) als schwer zu erreichenden Reflexionszyklen im Sinne einer rekontextualisierten und mehrdimensionalen Betrachtung von Situationen kann in vielen Berichten rekonstruiert werden. Die Anbahnung einer Reflexionskompetenz im Sinne eines Reflection-on-Action nach Schön (1983) ist im Professionalisierungsprozess von angehenden Lehrkräften jedoch nur eine Facette, die in dieser Auswertung genauer betrachtet wurde. Im Hinblick auf die beobachtete Diskrepanz zwischen Performanz im praktischen Feld und Performanz in Bezug auf die hier untersuchte Studienleistung empfehlen wir zur Analyse des Professionalisierungspotentials, für das hier exemplarisch vorgestellte Projekt, aber generell in längeren Praxisphasen, umfassende Einzelfallanalysen oder Evaluationen im Längsschnitt. Diese fallbezogene Perspektive bietet in Anbetracht der Individualität der Praktikumsverläufe und der sich daraus ergebenden multiplen Professionalisierungschancen sehr gute Möglichkeiten, das Professionalisierungspotential und im Sinne eines evaluativen Charakters die Verbesserung der Begleitung und Umsetzung empirisch abzubilden. Als Desiderat ist zudem die Frage nach den langfristigen Auswirkungen des Praktikums auf das Handeln im späteren Berufsfeld zu formulieren. Der Lernort findet zwar in dem „Schonraum“ einer Einzelförderung und eines begleitenden Seminars statt, in dem jedoch die Vielfalt der Fälle sowie vorhandene Antinomien gemeinsam thematisiert und theoretisch bearbeitet werden, was im besonderen Maße erlaubt, eine Reflexion des eigenen Habitus vorzunehmen, die langfristig für eine professionelle Tätigkeit in der inklusiven Schule notwendig ist. [47]

Mit Bezug auf die bereits in Kapitel 2 erwähnte Notwendigkeit einer habitusreflexiven Lehrer*innenbildung möchten wir abschließend die unseres Erachtens vorhandenen Professionalisierungschancen, die durch das Projekt „Schule für alle“ gegeben sind, nochmals hervorheben: Durch die Reduktion auf eine Auseinandersetzung mit einem spezifischen Einzelfall, in dem auch eine Relevanz der eigenen Wirksamkeit wahrgenommen werden kann, kann die Förderung einer umfassenden Reflexionskompetenz im Sinne eines Reflection-on-Action durch eine rekontextualisierende Betrachtung von pädagogischen Handlungen gelingen. Insbesondere die rekonstruierte Betrachtung und nachfolgende Evaluation dieser sehen wir als Voraussetzung für eine gelungene Qualifizierung für die Lehramtsausbildung im inklusiven Kontext, die durch eine intensive Arbeit am Einzelfall im Projekt „Schule für alle” umgesetzt werden kann. Denn um ein Verstehen und Anerkennen von Verschiedenheit sowie eine ethische Pädagogik nach Prengel (2020) erreichen zu können, sind zunächst Beobachtungen, Kontakte und Kenntnisse notwendig, die erst durch die Reflexionen erster und zweiter Ebene ermöglichen, sowohl individualisierte als auch institutionelle Faktoren und deren Wirkmechanismen in ihrer Gesamtheit zu sehen und zu hinterfragen. [48]

Das diesem Artikel zugrunde liegende Vorhaben Biprofessional wird im Rahmen der gemeinsamen „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1608). Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen.

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Kontakt:

Anne Reh, Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universitätsstraße 25, 33501 Bielefeld
E-Mail: anne.reh@uni-bielefeld.de

Zitation:

Reh, A., Kottmann, B. & Miller, S. (2021). Berufsspezifische Reflexionsprozesse durch Einzelfallarbeit im Projekt „Schule für alle": Analyse von zwei Praxisberichten mittels der Dokumentarischen Methode. QfI - Qualifizierung für Inklusion, 3(1), doi:

Eingereicht:

15.10.2020